Sich verlieben und künstliche Befruchtung durch fremde, unbekannte Samenspender
"Wir verlieben uns eher in ein Geschwisterkindö" Ines Grämiger 2011
Das Thema der Anziehung durch Verliebtheit sowie die ganzen Geschichten unserer Liebesbeziehungen sind ein wichtiger Bestandteil in der Theorie und Praxis der Schicksalspsychologie. Diese Anziehungskraft wird Libidotropismus genannt = Wahl durch Eros (libido = Eros, Tropismus= Wahl). L.Szondi postuliert, dass die Faszination durch einen Menschen u.a. auch durch genetische Faktoren mitbedingt ist, indem wir dabei nämlich unsere "Wahlverwandten" suchen und finden. Innert Sekundenbruchteilen erkennt unser Unbewussten beim ersten Kontakt schon die partielle Verwandtschaft mit dem andern, was dann als rasche Reaktion von Sympathie und "coup de foudre"/Liebesblitz (manchmal auch von Antipathie) erlebbar wird. Nun habe ich in dem Buch von Val Mc Dermid ("Vatermord", Knaur Verlag, München 2010) einige wichtige Hinweise und mithin auch Bestätigungen der These der Schicksalsanalyse gefunden. Val Mc Dermid beschreibt Folgendes: In den USA gilt bei den Reproduktionsmedizinern (welche sich mit künstlicher Befruchtung durch fremde Samenspender befassen) folgender Satz: "Wir verlieben uns eher in ein Geschwisterkind, das wir nicht kennen, als in einen Fremden". (S. 449) Bei künstlicher Insemination mit Fremdsamen besteht also die Gefahr von hoher libiditroper, inzestuöser Anziehung der genetischen Geschwister, wenn diese sich später irgendwo, und natürlich unerkannt, begegnen. Daher gibt es Richtlinien in der USA, wonach in einer Stadt nicht mehr als 10 Kinder mit demselben Samenspender gezeugt werden dürfen. Denn es besteht eine grosse Wahrscheinlichkeit, dass sich die Kinder desselben Samenspenders in einander verlieben, dass das gemeinsame, ähnliche Genmaterial wirksam wird, wenn sie sich in der Stadt kennenlernen. Sie verlieben sich dann eher in ihr Geschwister als in einen Fremden. So gibt man nach 10 Inseminationen den erfolgreichen Samen weg in weiter entfernte Städte im gegenseitigen Austausch. ***
Schicksalspsachologischer Kommentar (I. Grämiger) Die Erfahrungen mit künstlicher Insemination von fremden Samen und der festgestellten libidinösen Anziehung von Kindern desselben Samenspenders belegen die Wirkung des von L.Szondi postulierten Libidotropismus und Geno-tropismus (= Anziehung aufgrund genetischer Verwandtschaft). Da sich die Geschwister nicht als solche erkennen, wirkt das sozial in unseren Kulturen gesetzte Inzestverbot nicht und es kommt zu ungewollten, unbeabsichtigten, unbewussten Inzestverbindungen. Das kulturell in unseren Sozietäten wirksame und geltende Inzestverbot wird also durch die künstliche medizinische Manipulation der Fremd-Insemination "ausgehebelt". Ohne deren Wissen verlieben sich die Kinder desselben Spenders mit hoher Wahrscheinlichkeit in einander, wenn sie sich zufällig begegnen und nicht wissen, dass sie biologische Geschwister sind. Die künstliche Samenspende, v.a. ohne das Wissen um die Herkunft des Samens, könnte somit eine Zunahme von Geschwister-Ehen auslösen und damit eine Zunahme inzestuöser Verbindungen. Es ist deshalb vorstellbar, dass aus diesem Grunde mit der Zeit die Regel, dass der Name des Samenspenders geheim gehalten wird, wieder aufgehoben, die Herkunft des Samens belegt werden muss - um weitere geschwisterliche Inzest-Ehen zu vermeiden. Erfahren verheiratete, beide von demselben Samenspender gezeugte Paare, erst im Nachhinein von ihrer Geschwisterbeziehung, kann man sich vorstellen, was dies für menschliche Tragödien auslösen kann. Es ergibt sich daraus, dass die Eltern auch die menschliche Pflicht haben, ihre Kinder über diese Fremdinsemination aufzuklären, damit diese auf ihren Wunsch hin vor einer Partnerschaft durch einen DNA-Test abklären können, ob der zukünftige Partner ein biologisches Geschwister ist oder nicht. Noch zu hoch ist aber vielerorts die Verheimlichungstendenz der betroffenen Eltern und der Irrglaube, eine Enthüllung des Geheimnisses sei für das Kind nicht notwendig und würde es es nur in unnötige Probleme stürzen. Meines Erachtens müsste aber auch die Anzahl Samenspenden eines einzelnen Spenders zahlenmässig begrenzt werden, sodass verhindert wird, dass z.B. ein einziger, spendender Student, der auf diese Weise Geld verdient, Unmengen von Kindern zeugen kann und dadurch wiederum die Anzahl möglicher und wahrscheinlicher Geschwisterlieben in gefährlichem Masse erhöht wird. Es ist nun Zeit, dass auch die Mediziner im interdisziplinären Dialog vom Gesetz des genetisch mitbedingten Libidotropismus der Schicksalsanalyse erfahren und die Verantwortung für die Wirkung der künstlichen Fremd-Insemi-nation auf dieser Ebene übernehmen und Lösungen suchen. Leider haben aber bis anhin die Reproduktionsmediziner zu wenig von dem Gesetz der genetischen Anziehung in der Liebesbeziehung gewusst, während es den Schicksalsanalytikern längst vertraut ist. Wir hoffen, dass sich dies nun anhand der gemachten, empirischen Erfahrungen, wie Sie Val Mc. Dermid beschreibt, ändern wird. |