Etwas vom Besten, was ich über Heilungswege im Laufe eigener Lebensgeschichten oder im Laufe von Psychotherapien in der Lyrik gefunden habe, ist der folgende Text von Porta Nelson.
Ich bekam ihn geschenkt von einer Klientin, welche mich wegen Depressionen aufsuchte. Sie war darüber erschüttert, wie lange sie (wie alle Depressiven) brauchte, um bei Depressionen immer wieder nach den zugeschütteten eigenen Aggressionen und den zugehörigen auslösenden Beziehungskonflikten zu suchen um dadurch aus der Depression herauszukommen. Theoretisch hatte sie zwar die Genese der Depression gemäss dem schicksalspsychologischen Ansatz sehr wohl verstanden. Immer wieder aber "vergass" sie, wenn die Depression wieder einsetzte, danach in ihrem Alltagserleben zu suchen. Immer wieder verdrängte sie den Konflikt, sah nicht hin, fiel somit "ins Loch" und kam alleine nicht mehr heraus.
Immer wieder war sie überzeugt, dass es diesmal keinen depressionsauslösenden Konflikt gegeben habe. Immer wieder musste ich diesen verleugneten Auslöser durch eine genaue Detailanalyse der verstrichenen Tage "hervorholen und hervorarbeiten".
Aber irgendwann, nach vielen Monaten Therapie, war sie zusehends schneller im selbständigen Finden der auslösenden Momente. Zusehends rascher konnte sie sich selbst aus dem Loch befreien, in das sie gefallen war. Und zusehends mehr war sie auch fähig, Konfliktherden, welche nicht nötig waren, auszuweichen, sie präventiv zu vermeiden oder diese aktiv anzugehen und anzusprechen. Zusehends gelang es ihr auch, Menschen, welche ihr nicht gut taten, und deren Kontakt nicht unumgänglich war, zu meiden: sie nahm eine andere Strasse.
Autobiographie in fünf kurzen Kapiteln
Porta Nelson